•     Einführung, Empfehlung und Hilfe zu Aktien und Fonds
Aktien Anlage

Schritt 6
Kleinanleger an die Börse!

Die Leser unserer Schule der Geldvermehrung sind bisher ganz schön auf die Folter gespannt worden. Vier Schritte mussten sie über sich ergehen lassen und haben immer noch keinen längeren Absatz über die Aktienanlage gelesen. Dabei haben sie uns doch zurecht in Verdacht, dass wir für die Geldanlage den Aktienmarkt favorisieren. Wenn Sie bis hierher durchgehalten haben, haben Sie bewiesen, dass Sie über eine der wichtigsten Eigenschaften erfolgreicher Anleger verfügen: eine gehörige Portion Geduld. Glückwunsch!

Was ist eigentlich eine Aktie?
Dann wollen wir uns also mit der Börse befassen, dem Platz, an dem Aktien gekauft und verkauft werden. Aber halt! Wir wollen doch nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Zunächst denken wir darüber nach, was eine Aktie (im Englischen: share = Anteil) eigentlich ist. Sie ist nichts anderes als ein bestimmter (wenn auch winziger) Anteil am Eigentum eines Unternehmens, einer Aktiengesellschaft. Als Anteilseigner erhalten die Aktionäre von vielen dieser Gesellschaften einen Teil des Gewinns in Form der so genannten Dividende. Sie wird von deutschen AGs einmal im Jahr gezahlt. Aktien werden, wie bereits oben erwähnt, an der Börse gehandelt. Wer sich professionell-vornehm ausdrücken will, sagt, dass sie an der Börse notiert sind. Aktien müssen über Banken und Sparkassen, die sich dafür bezahlen lassen, gekauft und verkauft werden. Kommt ein Auftrag (vornehm: Order) zum Kauf oder Verkauf einer bestimmten Aktie an der Börse an, wird dort der Preis von einem Kursmakler gemäß Angebot und Nachfrage festgesetzt.

Aktien- und Wochenmarkt

Der Kurs einer Aktie wird, wie der Preis für Gurken auf Oma Krauses Wochenmarkt, durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Wenn viele Leute dort Gurken kaufen wollen und nur eine bestimmte Menge dieses Gemüses zur Verfügung steht, wäre der Händler dumm, auf die gestiegene Nachfrage nicht mit einer Preiserhöhung zu reagieren. Der Gurkenpreis steigt also. Umgekehrt ist es, wenn während der deutschen Erntesaison das Gurkenangebot drastisch erhöht wird und das Bedürfnis der Kunden, Gurken zu kaufen, nicht mit der Mengenerhöhung Schritt hält. Der Gurkenpreis wird dann fallen. Ähnlich ist es mit Aktien: Höhere Nachfrage nach einem bestimmten Papier bei wenig Verkäufern wird seinen Preis steigern und ein besonders großes Angebot bei fehlendem Kaufwillen seinen Kurs fallen lassen. So schön dieser Vergleich auch aussieht, man darf ihn nicht überstrapazieren:
  • Gurken werden von den wenigsten Leuten gekauft, weil sie sie weiterverscherbeln wollen, sondern weil sie sich einen schönen Salat zubereiten möchten. Aktien dagegen werden erworben, weil die Käufer meinen, dass ihr Preis demnächst steigt und sie beim Wiederverkauf einen Gewinn erzielen können. (Dabei sagte Oma Krauses Neffe Ferdinand neulich: "Da haben wir den Salat!" Da waren die Aktien, die er auf Empfehlung eines Arbeitskollegen nach dessen Analyse gekauft hatte, gerade drastisch im Preis gefallen. Aber das ist eine andere Geschichte.)
  • Es gibt keine Saat- und Erntezeiten für Aktien.
  • Die Preisfindung für Gemüse auf dem Wochenmarkt erscheint im Gegensatz zur Börse wesentlich durchschaubarer, obwohl diese auch nur eine große Marktveranstaltung ist.

Was bewegt die Aktienkurse?

Wäre diese Welt gerecht, drückte sich im Preis einer Aktie stets genau die Stärke und Leistungsfähigkeit des jeweiligen Unternehmens aus. Verbesserten sich seine Gewinnaussichten, stiege der Preis. Verschlechterte sich die Situation, fiele sein Aktienkurs. Allerdings ist unsere Welt nun einmal alles andere als fair, und viele andere Faktoren außer den Zukunftsaussichten des Unternehmens können und werden den Aktienkurs beeinflussen. Nicht selten sind dies z.B. Weise Studien, die sich damit beschäftigen, wie es der Aktiengesellschaft in Bälde ergehen könnte.

Dies kann ein Anleger ausnutzen. Das Entscheidende dabei ist nämlich, dass viele der "Ungerechtigkeiten" beim Zustandekommen eines Aktienkurses durch simple menschliche Instinkte, wie Angst, Gier oder das unbezwingbare Bedürfnis, mit der Herde mitzulaufen, verursacht werden. Dies ermöglicht es dem gewieften Anleger, unbemerkt von den Weisen sein eigenes Süppchen zu kochen während diese aufgeregt in ihre Telefone schreien: "Kaufen! Halten! Verkaufen! Ja Du Idiot: Eine Pizza Funghi mit doppelt Käse, verdammt nochmal!"

Mit Aktien lässt sich Geld verdienen

Die Aktie war in den letzten Jahrzehnten die weitaus profitabelste Anlageform - und das trotz der globalen Finanzkrise 2009. Dies gilt nicht nur für das kapitalistische Wunderland USA, sondern auch für Deutschland. Wer im Jahr 1997 einen Geldbetrag von 10.000 EUR in den DAX angelegt hätte, wäre in 2017 bei 27.000 EUR. Das ist eine durchschnittliche jährliche Rendite von 5%. Hätte man in 1997 10.000 Euro auf ein Sparbuch gelegt, würden die Mickerzinsen in 2017 ca. 12.000 Euro gebracht haben. Infolge der Inflation entspricht 12.000 EUR aber nur einer Kaufkraft von 9340 Euro. Ein Sparer hätte also einen kräftigen realen Verlust hinnehmen müssen. Mit einer Anlage auf ein Tagesgeldkonto sieht es nicht viel besser aus. Real brachte eine solche Anlage im selben Zeitraum nur ein kleines Plus. Wie wichtig solche Prozentunterschiede sind, ist uns im zweiten Schritt über das Wunder des Zinseszinses noch gut in Erinnerung. Der Aktienmarkt mag kurzfristig stark schwanken, aber langfristig steigt er immer. Langsam bekommt unsere Bemerkung aus dem ersten Absatz über Geduld ihren Sinn. Nicht wahr?

Bisher haben wir lediglich den abstrakten Begriff "Aktienmarkt" benutzt, den wir zunächst einmal naiv als die Gesamtheit aller in Deutschland gehandelten Aktien betrachten. Oma Krause kann natürlich nicht einfach zur Börse gehen, einem der Makler nonchalant 1000 Euro auf den Tresen legen und sagen: "Für 1000 Euro den Gesamtmarkt bitte, aber nicht so viel BASF!" Sie muss einzelne Aktien kaufen. (Nebenbei bemerkt: Natürlich kann sie auch einzelne Aktien nicht selbst an der Börse erstehen. Dafür muss sie schon die Dienste einer (Direkt)Bank oder Sparkasse in Anspruch nehmen. Zuvor muss sie dort ein so genanntes Wertpapierdepot eröffnen in dem die Aktien dann bis zum Wiederverkauf verwahrt werden.) "Aber gerade in der Auswahl einzelner Aktien liegt doch das Risiko", hören wir jetzt die Skeptiker rufen. "Dafür brauchen wir doch professionelle Hilfe. Dort liegt ja die Gefahr des Kasinos Börse."

Ein kleines Zufallsexperiment

Kasino! Das ist ein schönes Stichwort. Kasinos haben mit Glücksspiel, also mit dem Zufall zu tun. Wie wäre es, wenn wir einmal die Entwicklung der Kurse von zufällig ausgewählten Aktien betrachteten? Oma Krause mag solche Gedankenexperimente, und sie hat 30 kleine Zettel, einen Bleistift und einen Kanarienvogel. Auf jeden dieser Zettel schreibt sie den Namen einer DAX-Aktie. (Für dieses Gedankenexperiment müssen wir nur wissen, dass im "Deutschen Aktienindex (DAX)" die 30 größten deutschen Aktiengesellschaften zusammengefasst sind. Oma Krause hat also die Auswahl aus 30 verschiedenen Aktien.) Nun kommt der Zufall in Gestalt ihres niedlichen Kanarienvogels ins Spiel. Den lässt sie fünf Zettel aus dem kleinen Topf mit den 30 Papierstückchen herauspicken. Das Ergebnis dieses komplizierten Wertpapier-Auswahlprozesses ist ein Depot aus fünf DAX-Aktien. Nun nimmt sie sich den Wirtschaftsteil ihrer Tageszeitung (Mit dem legt sie immer den Boden des Vogelkäfigs aus.), notiert sich die Kurse "ihrer" Aktien und verteilt eine fiktive Summe gleichmäßig auf diese fünf Papiere. Dann tut sie lange Zeit gar nichts. Nach zehn Jahren will sie nachschauen, was aus ihrem Aktienvermögen geworden wäre. Auf Wiedersehen, liebe Leser! Kommt doch bitte in zehn Jahren wieder vorbei und helft Oma Krause auszurechnen, was für eine durchschnittliche Jahresrendite ihr Aktienkorb wohl erzielt hätte. Bis dann!

Moment! Wenn Ihr erst in zehn Jahren wieder vorbeischaut, entgehen euch jede Menge Spaß. Deshalb ist es wohl besser, wenn wir euch verraten, dass dieses Gedankenexperiment bereits durchgeführt wurde. Das "Deutsche Aktieninstitut" hat so einen Versuch im Jahr 1998 gemacht. Aber weil seine Mitarbeiter eine große Datenbank hatten und zu ungeduldig waren, zehn Jahre zu warten, haben sie den Auswahlprozess einfach in die Vergangenheit verlegt und dann nachgeschaut, was mit einem solchen Zufallsdepot passiert wäre. Und weil sie einen Computer hatten, haben sie nicht ein einziges, sondern 1500 dieser Depots erzeugt und berechnet. Das Ergebnis war beeindruckend: Bei einer Haltedauer von zehn Jahren ergab sich im Durchschnitt eine jährliche Rendite von 11,8% pro Jahr! Dies war unser Beitrag zum Thema Glücksspiel und Börse. Hätte Oma Krause doch vor zehn Jahren Aktien gekauft!

Was lernen wir daraus? Langfristig ist die Geldanlage in Aktien immer lukrativ. Für einen Langfristanleger ist es bei vernünftiger Aktienauswahl sogar sicherer, sein Geld in Aktien zu haben, als auf dem Sparkonto (wegen der Inflation!). So viel zum Thema Risiko der Aktienanlage!

Aber Vorsicht!

Langfristig! Dieselbe Studie zeigt, dass bei einer Haltedauer von fünf Jahren und kürzer sehr leicht auch Verluste eingefahren werden. Deshalb weisen wir an dieser Stelle darauf hin, dass man keinesfalls Geld, das man innerhalb der nächsten fünf Jahre braucht, in Aktien investieren sollte, denn die Aufwärtstendenz des Aktienmarktes ist keineswegs geradlinig. Es gibt Jahre, wie 2009, die schlechte Ergebnisse bringen, sehr schlechte sogar. Aber auf lange Sicht sind diese Jahre in der DAX-Grafik nichts anderes als kleine Rückschläge, mithin Umwege auf der Reise nach Norden. Die Trinkkumpane von Oma Krauses Neffen Ferdinand sagen scherzhaft: "Alkohol tötet langsam. Aber wir haben Zeit!" Wir bemerken dagegen todernst: "Mit Aktien wird man nicht von heute auf morgen reich. Aber wir sind geduldig!"

Und was tun?

Da wir nun eine Vorstellung vom Kasino Börse haben, können wir schon einmal andeuten, wie man agiert. Man geht nicht mit der Masse. Man ist keiner der professionellen Lemminge und privaten Zocker (in der Presse werden sie häufig Daytrader genannt), die in der Hoffnung auf den schnellen Euro auf jeden Zug aufspringen und jedem Trend an der Börse hinterherlaufen. Man handelt manchmal gegen die Masse. Außerdem sucht man auf dem Börsenparkett nach Nischen, die noch unentdeckt und deshalb nicht von den Weisen besetzt sind. Was ist dabei der größte Vorteil? Man ist bei seinen Entscheidungen nur sich selbst gegenüber verantwortlich und muss sich nicht bei Vorgesetzten und der Öffentlichkeit für die kurzfristige Wertentwicklung seiner Aktien verantworten. Deshalb hat man Zeit, und kann von der langfristig positiven Aufwärtstendenz der Aktienmärkte profitieren.
"Ja, wie sollen wir denn nun am besten langfristig investieren? Bisher gab es doch nur Andeutungen, aber nichts Konkretes", hören wir die Leser rufen. Ja, das ist eine sehr gute und berechtigte Frage, fast die Kernfrage nach unserer Daseinsberechtigung. Aber bevor wir antworten, müssen wir erst noch etwas über den Umgang mit dem Risiko und die schlauen Tricks der Weisen erzählen.

Schritt 1: Einführung
Schritt 2: Was bedeutet Geldanlage eigentlich?
Schritt 3: Das Wunder des Zinseszinseffektes
Schritt 4: Ziele setzen und runter mit den Schulden
Schritt 5: Die Legende vom Lottogewinn
Schritt 6: Kleinanleger an die Börse!
Schritt 7: Vom Umgang mit dem Risiko
Schritt 8: Wie die Weisen unser Geld verwalten
Schritt 9: Besser als die Weisen
Schritt 10: Zusammenfassung

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